Peter Turrini über die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich

"Sie fragen mich, was ich zur politischen Situation in NÖ zu sagen habe: Nichts Erfreuliches!
Ich bin durchaus der Meinung, dass Johanna Mikl-Leitner die große kulturelle Leistung von Erwin Pröll gut weitergeführt hat, aber ich kann diese Koalition mit der FPÖ weder verstehen noch hinnehmen. Die FPÖ verschanzt sich hinter den Mauern einer geistigen und buchstäblichen Festung und verdammt alles, was sich außerhalb ihrer begrenzten Sichtweise abspielt. Es ist ihr paranoides Credo, das Fremde und das Fremdscheinende zu bekämpfen. Diese Leute sind vom Geist der Zerstörung getrieben, beizeiten zerstören sie sich ja auch gegenseitig. Glaubt denn irgendjemand in der ÖVP, dass dieser Urgeist ausgerechnet bei der FPÖ NÖ in der Veltliner-Flasche bleiben wird?
Warum hat die ÖVP das Weiterverhandeln mit einem engagierten SPÖ-Politiker, dessen Forderungen ich durchaus berechtigt finde, empört abgelehnt und springt mit einer Partei, welche der Landeshauptfrau noch vor Kurzem das Übelste unterstellt hat, in Blitzeschnelle ins politische Bett? Sind den Schwarzen die Braungefleckten so viel lieber als die Roten?
NÖ hat für seine kulturelle Entwicklung viel Lob geerntet, auch aus anderen Ländern. Wird in Zukunft der Landeshauptfrau-Stv. Landbauer Festivals eröffnen? Einen schlimmeren Erntevernichter kann ich mir nicht vorstellen. Ich schwanke zwischen Entsetzen und Traurigkeit, denn ich lebe gern in Niederösterreich."