Premiere: 25.09.2025
Jan Veldman / Neville Tranter
Schicklgruber
Eine Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin
ca. 1 Stunde, 35 Minuten, keine Pause
Vorverkauf:
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Inhaber*innen einer JosefstädterKarte bzw. Wahlabonnent*innen können jedoch bereits Karten für alle Termine bis Ende Jänner kaufen.
Karten
Deutsch von Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm
Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild; ein armer Komödiant, der strotzt und strebt sein Stündchen auf der Bühn’ und dann nicht mehr vernommen wird: ein Märchen ist’s, erzählt von einem Dummkopf, voller Klang und Wut, das nichts bedeutet.
Karl May?
Shakespeare. Auch schon tot!
Berlin, April 1945. Der Krieg ist verloren, das Reich versinkt in Trümmern. Doch tief unter der Erde im Bunker klammern sich Adolf Hitler und seine engsten Vertrauten an ihre letzten Illusionen: Vielleicht könnte eine große Rede noch alles wenden. Oder die Sterne. Oder einfach das richtige Essen. Während draußen die Bomben fallen, planen sie Geburtstagsfeiern und Siege. Doch ein weiterer Gast geht im Bunker ein und aus. Wartet. Der Tod – amüsiert und unaufhaltsam. Selbst das Böse vergisst irgendwann seinen eigenen Namen. Aber der Tod? Der vergisst nie. Und er lässt auch niemanden aus.
Neville Tranter, Pionier des zeitgenössischen Puppentheaters, entreißt der Figur Adolf Hitler nicht nur den selbst gegebenen Namen, sondern auch ihren fast mythischen Status. Der gebürtige Australier, der mit seinem Stuffed Puppet Theatre seit den 1970er-Jahren das Puppenspiel für Erwachsene revolutioniert, ist bekannt für seine bissige Satire und seinen absurd-grotesken Humor. 2003 wurde „Schicklgruber“ als Auftragswerk des Schauspielhauses Wien unter der Direktion von Airan Berg im Rahmen der Wiener Festwochen uraufgeführt und in Folge drei Spielzeiten lang erfolgreich am Schauspielhaus aufgeführt.
Nun übergibt Tranter die Puppen an seinen früheren Schüler und langjährigen Kollegen Nikolaus Habjan sowie an die Schauspielerin Manuela Linshalm. Er selbst bleibt hinter der Bühne, um mit Habjan die Regie dieser neuen Inszenierung zu führen. Gemeinsam entlarven sie mit Schicklgruber ein Regime im Endstadium – eine groteske Farce über Macht, Größenwahn und den unausweichlich letzten Vorhang.
Das Stück, das sich zwischen Geburtstagstorte (Hitler, dessen Familie Schicklgruber hieß, feierte am 20. April 1945 seinen 56. Geburtstag) und Zyankalikapseln (mit denen Goebbels sich, seiner Frau und seinen sechs Kindern am 1. Mai 1945 das Leben nahm) als Danse macabre im Bunker unter der Reichskanzlei entwickelt, zeigt noch immer Wirkung.
Der 95-minütige Abend ist nicht nur komisch, wenn etwa eine überdrehte Eva Braun, die ihrem "Wolfi" den Schnurrbart nicht mehr streicheln und auch nicht mehr auf dessen Schoß das unschuldige Mädel markieren darf, dem verunsicherten Propagandaminister ständig Avancen macht, oder Hitler ein paar Runden auf seinem Schäferhund Blondie reitet. Er ist auch zutiefst tragisch.
Was Hitlers Kammerdiener Heinz Linge alles durch den Kopf geht, als ihm Goebbels eröffnet, er habe dessen Mutter hinrichten lassen, weil sie angeblich Juden "zugetan" sei, erspielt Habjan grandios.
Habjan und Linshalm erweisen sich einmal mehr als kongeniales Duo, das den von ihnen geführten (und von Tranter gebauten) Puppen wie in einem Schöpfungsakt Leben einhauchen. Standing Ovations.
(APA)
Die unfassbar organischen Bewegungen und die hypnotischen Augen der Puppen üben solche Kraft aus, dass ihnen niemand entkommt. Alle guten Geister Chaplins, Brechts und Taboris haben da zusammengeholfen, das Gebotene ist irrwitzig komisch und verstörend zugleich. Die Fratzen Hitlers, Eva Brauns, Goebbels’ und Görings wecken neben Abscheu fast Erbarmen ob ihrer Jämmerlichkeit. Und wenn sich das totemartige Vogelwesen die sechs Goebbels-Kinder holt, bricht einem das Herz. Zu Zeiten des aufkochenden Antisemitismus unter dem schändlichen Vorwand der Menschenrechtsobsorge ist das die Aufführung der Stunde. Ein Theater-Ereignis.
(Kronen Zeitung)
Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm brillieren in der bitterbösen Puppengroteske „Schicklgruber“. Sie führen in einer gut geölten Dramaturgie eine beträchtliche Riege an Klappmaulpuppen – in diesem trostlosen Endspiel unter der Reichskanzlei. Faszinierend ist, wie Habjan und Linshalm trotz exzentrischer Nazisprache hinter den Puppen zurücktreten – nur Habjan hat mit Kammerdiener Heinz Linge eine Schauspielerrolle. Als dem Goebbels verrät, er habe dessen Mutter hinrichten lassen, weil sie verdächtigt wurde, Juden „zugetan“ zu sein, wird Linges Reaktion zum schaurigen Moment. Einem wichtigen, der die manchmal allzu erheiternde Groteska in die unfassbare Realität zurückholt. Sie muss weiter erzählt werden – das macht aus dem Theatercoup „Schicklgruber“ auch einen wichtigen Abend.
Jubel und Standing Ovations in der Josefstadt.
(KURIER)
Wenn es sich dem Absurden ergibt, ist das Stück am besten. Und Absurditäten gibt es genug. Es ist absurd, wenn Goebbels in diesem Stück bis zuletzt glaubt, der Führer müsse nur zum Volke sprechen und dann ist das Reich gerettet. Es ist absurd, wie Hitler Göring erklärt, dass der Untergang unausweichlich ist, und alles, weil Göring Aszendent Skorpion sei. Es ist absurd, wenn Hitler auf seinem Schäferhund reitet, eine großartig-gruselige Puppe übrigens.
(Die Presse)
Ein eineinhalbstündiger Parforceritt der Puppenführungs- und Stimmverstellkunst, in dem sich Habjan mit Hitler an der einen und Goebbels an der anderen Hand ein Schreiduell liefert, das in der Feststellung der beiden Endzeitpaniker mündet: Wie gut, dass niemand sie belausche, er würde sie für wahnsinnig halten. Linshalm singt mit Eva Braun an der Hand Zarah Leanders Davon geht die Welt nicht unter, und das Publikum lacht.
(Der Standard)
Neville Tranter und Jan Veldman haben sich dem „Führer“ Anfang der 2000er in aller gebotenen Respektlosigkeit genähert. Tranter, der Puppenmagier aus Australien hat ein nervöses Häufchen Elend auf die Bühne gebracht, einen Machthaber und Verbrecher, eingeschlossen im Bunker, umgeben von den letzten Getreuen und vier Metern Beton, umzingelt vom immer näher rückenden Feind. Ein Warten auf den Tod, der allzu bald vorbeischauen wird. Mehr als 20 Jahre später inszeniert Nikolaus Habjan eine Neufassung von „Schicklgruber“ am Deutschen Theater Berlin, eine Koproduktion mit dem Wiener Theater in der Josefstadt, wo es nun seine zweite, umjubelte Premiere feierte. Habjan hält sozusagen das Stück für den im Vorjahr von der Bühne abgetretenen Tranter lebendig. Virtuos wechseln Habjan und die kongeniale Manuela Linshalm sekundenschnell zwischen den Figuren, geben ihnen vielstimmig ausdifferenziert und präzise Gestalt. Der geistesgestörte Goebbels, der an ein Wunder glaubt, die hysterische Eva Braun, die unter den bizarrsten Umständen vom Eheglück träumt, der feiste, brutale „Sinnenmensch“ Göring mit Schweinsgesicht und Totenkopf am Marschallstab; dazwischen die Diener und die ermordeten Goebbels-Kinder: „Schicklgruber“ ist auch ein Epitaph für die letzten Opfer, die der braune Wahnsinn noch im Untergang im Bunker unnachgiebig gefordert hat. In der düsteren Revue tanzt zwischenzeitig ein lustig bunter Tod herein, ein Zauberer, dessen Tricks nicht gleich funktionieren, aber ein Gast, der sich nicht abwimmeln lässt. Zarah Leander, Richard Wagner und die Comedian Harmonists liefern den Soundtrack, wenn die NS-Verbrecher ihre Höllenfahrt antreten und dabei immer hysterischer, kleiner und lächerlicher werden. Nicht ohne das nackte Böse dazwischen grell aufleuchten zu lassen.
(Kleine Zeitung)
Ein Riesengewinn, denn es erzählt ein schweres Thema ganz leicht und stellt mit bitterer Ironie seine Aktualität unter Beweis. Was sind das für Menschen, die Kriege anzetteln, morden und brandschatzen? Habjan entlarvt mit seinen Klappmaulpuppen die armselige Lächerlichkeit brutaler Machthaber. Bizarr sind Hitler, Goebbels, Göring und Eva Braun gestaltet, Karikaturen, voll dummen Stolzes und Eitelkeit, jämmerliche Großmäuler, deren verbrecherische Politik sich an astrologischen Prophezeiungen orientiert. Grandios parodiert Habjan Hitlers Sprechstil; wenn er sich über die Torte echauffiert, klingt es wie ein Kriegsbefehl. Sowohl Habjan als auch Linshalm zeigen verschiedenste Facetten von Machtgier, Prominentengeilheit, aber auch Einsamkeit und inneren Nöten. Den körperlichen und spielerischen Kraftakt bewältigen Habjan und Linshalm mit scheinbarer Leichtigkeit. Eine fein arrangierte, kluge Inszenierung, die zu Recht mit viel Applaus bedacht wurde.
(Die Furche)
Pressestimmen Premiere Deutsches Theater Berlin:
Virtuos und vielschichtig schenken ihnen Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm eine verblüffende Mobilität in Ausdruck, Gehabe und Intellekt. Es sind Puppen, keine Schauspieler, was man manchmal vergessen könnte, dermaßen großartig sind sie eingesetzt. Nicht nur was sie erzählen, ist hier so interessant, sondern wie sie es tun.
(FAZ)
Geht das, kann man Hitler, kann man den Nazispuk als Puppentheater erzählen? Ja, man kann. Und wie. Und die Illusion ist perfekt. Es ist wirklich Magic Time. Und der Trick der Puppenspieler funktioniert permanent. Es ist faszinierend, wie die Illusion aufgeht. Wie die Puppen zum Leben zu erwachen, wie man sie, obschon sie nur einen halben Körper haben, für voll und real nimmt und die Puppenspieler daneben kaum wahrnimmt, auch wenn die sich nicht verbergen und nicht aus dem Bauch sprechen. Eine große Sensation, die man nicht verpassen sollte. Unheimlich und faszinierend zugleich.
(Berliner Morgenpost)
Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm führen nur zu zweit die gesamte Handlung, charakterisieren mit verschiedenen Stimmen und Körperhaltungen die Figuren und springen fließend schnell von Puppen- zu Puppencharakter und der noch zusätzlich dargestellten Figur. Die Puppen-Darstellung verwünscht und entzaubert diese entmenschlichten Menschen, macht aus dem Stoff ein ernst zu nehmendes, komödiantisches Stück. Wie im echten Leben kabbeln sich in dieser einzigartigen Aufführung Illusion und Realität. Wie sie den Puppen dabei Leben einhauchen, ist schwer beeindruckend und wirkt nahbar.
(Deutsche Bühne)
Grotesk, absurd und berührend ist das Stück. So einen gewagten Stoff mit Puppen zu erwecken, wie geht das? Bitter-komisch und fesselnd. Virtuos umgesetzt.
(ZDF)
Regie
Neville Tranter
/
Nikolaus Habjan
Puppenbau und Puppenkostüme
Neville Tranter
Bühne
Julius Theodor Semmelmann
Kostüme
Lisa Zingerle
Dramaturgie
Matthias Asboth
/
Karla Mäder
Licht
Robert Grauel